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18 Jahre alt, 16 Treffer schwer: Kaan Uysal hat sich in seinem ersten Fußball-Herrenjahr direkt an die Spitze der Kreisliga-Torjäger geschossen –und seinen RSV Rehburg zur Herbstmeisterschaft

Im 13. Jahrhundert kletterte Dschingis Khan auf den Thron des Mongolischen Reiches, im Blockbuster von Regisseur Peter Jackson klettert der Riesenaffe King Kong auf das Empire State Building in New York – und Kaan Uysal, der gerade erst 18-jährige Stürmer des RSV Rehburg, der kletterte auf Anhieb in seinem ersten Herrenjahr an die Spitze der Torjägerliste.

Um eines Tages ebenfalls einen eigenen Film oder einen Eintrag in die Geschichtsbücher zu erhalten, muss sich der Youngster zwar noch deutlich strecken, doch welches Talent in ihm schlummert, das hat er bereits in seinen 14 Einsätzen beim Herbstmeister der Fußball-Kreisliga unter Beweis gestellt.

Stürmer werden an ihren Toren gemessen. Alles andere, Zahlen, Fakten drumherum, in den Regeln der Fußball-Welt bestenfalls aufhübschende Randkosmetik. Wenn Sturmtank Erling Haaland von Borussia Dortmund zwei Bundesliga-Partien nicht trifft, dann brodelt bereits die Gerüchteküche. Ist der norwegische Hüne mit seinen Gedanken bereits bei einem potenziellen neuen Klub? Wenn Dauerknipser Robert Lewandowski ausnahmsweise mal keinen Treffer erzielt, ist das fast schon interessanter als die Höhe des Sieges seines FC Bayern München. Das ist auch in der Kreisliga nicht anders.

Feiner Dribbler: Kaan Uysal kann gut mit dem Ball. Foto: Kessler

Wer dort mit vielen Treffern auffällt, wird schnell mit einem Verein in einer höher spielenden Klasse in Verbindung gebracht. Auch hier ein Beispiel aus der nahen Vergangenheit: Im Aufstiegsjahr 2018/19 von Inter Komata Nienburg erzielte Jegerchwin Tero bärenstarke 39 Tore – anstatt mit den Kreisstädtern in den Bezirk aufzusteigen, wechselte der damals 18-Jährige zum TuS Sulingen in die Landesliga, wo er allerdings nur elf Einsätze bekam, lediglich zweimal einnetzte und enttäuscht nach zwölf Monaten in die Mußriede zurückkehrte. In der laufenden Bezirksliga-Saison ist „Jegger“ mit neun Buden bester Komata-Knipser, die Formkurve zeigt wieder nach oben.

Der Neue an der Spitze

Zurück zur laufenden Kreisliga-Spielzeit. Dort wird die Torjägerliste momentan von zwei bekannten Gesichtern angeführt: Carlos Alberto Berg vom SV Sebbenhausen/Balge sowie Florian Schüttpelz von RW Estorf-Leeseringen. Beide trafen jeweils 16 Mal für ihre Farben – was inzwischen aber kaum noch jemanden verwundert, denn die zwei Goalgetter beweisen seit einigen Jahren stets aufs Neue ihr Können vor dem gegnerischen Gehäuse und tauchen in aller Regelmäßigkeit weit oben in der Liste der besten Knipser auf.

Symphatisch und bodenständig: Kaan Uysal. Foto: Kessler

Aber da ist noch ein drittes Gesicht, das in den zurückliegenden Monaten vielerorts für Verwunderung gesorgt hat: Kaan Uysal. Auch der Stürmer des Spitzenreiters und Aufstiegskandidaten Numero uno aus Rehburg kommt bereits auf 16 Treffer bei 14 Einsätzen. Aber wer ist dieser junge Wilde im RSV-Angriffszentrum?

Tore schießt man nicht alleine. Martin Bauerschäfer, RSV-Vorsitzender und Ex-Sieger der Torjägerkanone

Martin Bauerschäfer, RSV-Vorsitzender und Ex-Sieger der Torjägerkanone

Dass im vergangenen Sommer ein Nachwuchskicker mit eingebautem Torinstinkt zur Mannschaft von Trainer Markus Thielker stößt, hätte man mit einem Blick auf dessen vorherige A-Jugendbilanz erahnen können: Dort traf Kaan in fünf Spielen zehn Mal und beförderte die JSG Loccum/Rehburg an die Kreis-Tabellenspitze – eigentlich hätte der heute 18-Jährige auch in dieser Spielzeit noch bei den Junioren auflaufen dürfen, doch die JSG meldete die A-Jugend ab und somit blieb ihm der volle Fokus auf die Herren-Kreisliga. Es scheint ihm nicht geschadet zu haben.

Rehburger Eigengewächs

Uysal ist ein absolutes Rehburger Eigengewächs. Als kleiner Pöks brachte ihn sein Vater erstmals zum Fußball, obwohl der mit dem runden Leder selbst gar nicht so viel zu schaffen hatte. Auch seine zwei großen Schwestern interessierten sich nicht für Fußball, doch bei Kaan war die Leidenschaft sofort entbrannt. Von der G-Jugend an durchlief er alle Altersklassen, war dabei aber nur selten im Angriff zu finden. „Irgendwie habe ich schon immer dort ausgeholfen, wo gerade Bedarf war“, erinnert er sich. Mal weiter hinten, mal auf der Außenbahn – erst in der A-Jugend spülte ein Stürmermangel Kaan ganz nach vorn, wo er mit besagten zehn Treffern für Aufsehen sorgte.

Kaan Uysal scheut keinen Zweikampf. Foto: Kessler

In der Sommervorbereitung ging es bereits mit den „Großen“ auf den Platz. „Da war ich schon krass nervös“, gibt Kaan Uysal zu, „die Mannschaft hat es mir aber leicht gemacht, gut hineinzufinden.“ Er habe schnell gelernt, sich zu behaupten, der größte Unterschied zum Nachwuchsfußball sei „die Körpersprache. Es ist wesentlich zweikampfintensiver und es wird häufiger gegrätscht, aber damit komme ich eigentlich ganz gut klar“, erzählt der 16-Tore-Stürmer. In einem Testspiel rückte er erstmals in die Startelf, machte dort direkt eine gute Figur. „Kaan hat seine Chance sofort genutzt“, berichtet Trainer Markus Thielker und lobt, „er ist extrem flexibel, sehr beweglich und passt damit ideal in unser kreatives Kombinationsspiel.“

Dreierpack und Aluminium-Pech

Sein persönliches Highlight sei das Hinspiel gegen Steyerberg gewesen. Der TuS ging mit 1:0 in Führung, kurz vor Pause gelang Kaan der Ausgleich, nach dem Seitenwechsel traf er obendrein zum 3:1 sowie 4:1-Endstand. „Es war eine wegweisende Partie, die mich und das Team sehr gepusht hat“, meint der 1,83 Meter große Rechtsfuß. In schlechter Erinnerung blieb ihm hingegen das Auswärtsspiel in Uchte, das mit 3:4 verloren ging und bis dato die einzige Niederlage des RSV blieb. „Da habe ich zweimal den Pfosten und einmal die Latte getroffen, das war wirklich ärgerlich. Aber wir haben das Spiel schnell abgehakt und unsere Schlüsse daraus gezogen.“

Tipps vom Profi: Der erfahrene Delbrin Haso (rechts) gibt Kaan Uysal Hinweise mit auf den Weg. Foto: Kessler

Im Rehburger Angriff ist der Youngster primär im Zentrum zu finden, kann aber auch auf die Außen ausweichen – was aber meist gar nicht nötig ist, denn mit Delbrin Haso (13 Tore) auf Links und Thore Busse (15) auf Rechts verfügen die Südkreisler über zwei weitere brandgefährliche Offensivwaffen. Das Angriffstrio kommt gemeinsam auf stolze 44 Treffer, was bei insgesamt 66 Rehburger Toren exakt zwei Dritteln entspricht. „Wir verstehen uns super. Unter uns reden wir natürlich darüber, wer von uns am Ende die meisten Treffer hat“, lacht Kaan, „aber innerhalb des Teams ist das kein Thema, da geht es nur um das Gesamtziel, den Aufstieg.“

Markus Thielker, Trainer des RSV Rehburg. Foto: Kessler

Auch Mitspieler und Vereinsvorsitzender Martin Bauerschäfer freut sich, mit Uysal ein großes Talent in seinen Reihen zu wissen, lobt dessen Technik am Ball – weiß als langjähriger Goalgetter aber auch: „Tore schießt man nicht alleine, da zeichnet die gesamte Mannschaft für verantwortlich.“ Der 35-Jährige sollte es wissen: Er gewann die Torjägerkanone in der Saison 2009/10, erzielte damals 43 Tore.

Martin Bauerschäfer, RSV-Vorsitzender und ehemaliger Sieger der Torjägerkanone. Foto: RSV Rehburg

Aber nicht nur auf dem Platz sorgt Kaan Uysal bei den Blau-Weißen für die richtiges Vibes – auch in der Kabine ist er der Verantwortliche für die gute Stimmung. Er wurde auf Anhieb Kabinen-DJ, verwahrt die Mannschafts-Musikanlage und verwaltet die RSV-Spotify-Playlist. Er mag Hip-Hop, am liebsten legt er Mucke von Luciano auf. In seiner Freizeit ist Kaan oft im Fitnessstudio anzutreffen, will Muskeln aufbauen, „die braucht man, um sich zu behaupten“, weiß er.

Darüber hinaus fährt er gern Auto, hat den 1er-BMW von seiner Tante bekommen. Mit dem macht er sich jeden Tag von Rehburg aus, wo er bei seiner Mutter wohnt, auf den Weg nach Neustadt zur berufsbildenden Schule oder nach Herrenhausen. Im dortigen Klärwerk absolviert er eine Ausbildung zum Industriemechaniker, im Frühling stehen die nächsten Prüfungen an.

Beim RSV profitieren wir von ihm und er von uns

Markus Thielker, Rehburgs Trainer

Nahezu zeitgleich wird auch in der Kreisliga, insofern coronabedingt nichts dagegenspricht, wieder der Ball rollen und auch hier wird der Youngster vor einer Herausforderung stehen: Es gilt die Leistung aus dem ersten Halbjahr zu bestätigen. „Kaan darf sich nicht ablenken lassen und muss sich in Ruhe weiterentwickeln. Vor allem darf er sich nicht davon verleiten lassen, viel zu früh zu einem Landesligisten zu wechseln. Beim RSV profitieren wir von ihm und er von uns – aber er ist ein intelligenter Junge und weiß das“, meint Coach Thielker.

Steht auf Autos und Mucke von Luciano: Kaan Uysal. Foto: Kessler
Steht auf Autos und Mucke von Luciano: Kaan Uysal. Foto: Kessler

Kaan selbst formuliert seine Zukunft wie folgt: „Ich möchte mit Rehburg in den Bezirk aufsteigen, meine Entwicklung abwarten und gesund bleiben. Aber irgendwann in einer höheren Klasse zu spielen, das wäre natürlich eine geile Sache.“

Dieser Bericht erschien am 11.02.2022 in der Lokalzeitung „Die Harke“ und ist ebenfalls auf www.dieharke.de einsehbar. Autor ist Philipp Kessler

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